HOME

Dienstag, 17. Oktober 2023:

Der Kohlhof - Heute und Gestern
Vortragende: Barbara Zenz

Geschichten vom Kohlhof


Vom Bärenbrunnen aus sind es zum Kohlhof nur rund zwei Kilometer. Allerdings geht es beständig bergauf, am Schneiderspfad bis zum Hilsbacher Tor am Südostende des Kohlhofs mit einer Steigung von rund 20 Prozent. Als Belohnung für den Aufstieg ist man dann in einer anderen Welt – fast wie im Urlaub, auf einer grünen Wiese oder im Schnee – es ist dort typischerweise drei Grad kühler als in Gaiberg. Von dieser anderen Welt berichtete vergangene Woche Barbara Zenz in einem lebendigen Vortrag des Heimat- und Kulturvereins Gaiberg. Sie kam als Fünfjährige im Spätsommer 1943 mit ihrer Mutter aus dem Ruhrgebiet hierher, um dem Bombenhagel des 2. Weltkriegs zu entfliehen.

Die „andere Welt“ brachte jedoch durch ihre relative Abgelegenheit auch manche Erschwernisse mit sich, erst recht für ein kleines Kind: Der Schulweg führte über den oben genannten Schneiderspfad nach Gaiberg, später mit Bussen nach Heidelberg. Aber auch da hieß es für Barbara Zenz zunächst, vom Kohlhof entweder zur Bergbahn oder nach Drei Eichen zu wandern, der nächsten Bushaltestelle. In ihrem Beitrag im Buch „Die Insel im Wald“ des Palmyra-Verlags resümierte die Vortragende allerdings: „Trotz weitem Schulweg und Abgeschiedenheit war der Kohlhof für uns Kinder ein abenteuerliches Paradies.“ Man freute sich auch über kleine Dinge, etwa, wenn die Milch, die von Heidelberg mitgebracht wurde, im Winter in der Aluminiumkanne teilweise gefror und so ein süßes Milcheis bildete…

Wie der Ehemann von Barbara Zenz ergänzte, hatte der lange Schulweg auch andere positive Folgen: Der Gaiberger fragte sich, wer das Mädchen war, das im Bus bei Drei Eichen zustieg. Er fragte bei Bekannten nach und traute sich, vom Gaiberger Bäcker, der über eins der wenigen Telefone damals verfügte, eine Verbindung zum einzigen Telefon auf dem Kohlhof anzuwählen und dann nach der Tochter der Familie Hanau zu fragen. Der Kontaktversuch war von Erfolg gekrönt :)

Rolf Kickuth; Fotos: HKV